Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich bin manchmal etwas überfordert mit all den Dingen, die man in seinen Alltag stopfen sollte.
Freunde treffen, Sozialkontakte sind wichtig! Aber bitte nicht vergnügungssüchtig werden, die Arbeit fordert Deine ganze Konzentration. Vollen Einsatz musst Du auch bei den Kindern zeigen - sie verstehen, begleiten, aber nicht erdrücken mit zu viel verpuscheln, gib ihnen Wurzeln und auch Flügel, aber abheben sollen sie nicht, schon bodenständig werden.
Sport ist wichtig, gehe regelmäßig zu den Vorsorgeuntersuchungen und putze einmal wöchentlich mit Elmex Gelée, bleib zuhause und schone Dich, wenn es Dir nicht gut geht, aber auch nicht zu hypochondrisch immer gleich ins Bett legen!
Kultur ist essentiell, geh doch mal ins Theater, lies ein Buch, poste aber auch regelmäßig bei Social Media, wenn Du nicht mehrmals wöchentlich nützlichen Content lieferst, gehen Deine Zahlen in den Keller - ach guck, wieder einen Follower verloren.
Beschäftige Dich mit KI, bleib am Ball, schau mal, was Du damit alles machen kannst! Verbringe aber auch nicht so viel Zeit am Handy, bitte! Geh doch mal raus, an die frische Luft, wusstest Du, dass Waldbaden nachweislich die Gesundheit fördert?
Wenn Deine Kinder dann groß sind, darfst Du nahtlos Deine Eltern pflegen, aber achte auf Dich, Dein Rücken ist nicht mehr 20, wenn Du nicht täglich Krafttraining machst, wirst Du bald beim Orthopäden Dauergast sein.
Hast Du die Steuererklärung schon abgegeben? Der Reisepass ist auch abgelaufen, schau mal, beim KVR kannst Du jetzt online Termine buchen. Da nie welche frei sind, schau einfach täglich rein, kein Problem, irgendwann bekommst Du einen Termin, sei doch nicht so negativ.
Engagierst Du Dich eigentlich, so zivilgesellschaftlich oder ehrenamtlich? Das wäre schon schön, sich ein bisschen mehr einzubringen. Achte aber auch auf dich, improve Dich, optimiere Dich, geh früh schlafen und kümmere Dich um Deine Ehe, es ist nicht selbstverständlich, dass alles immer so unbeschwert bleibt!
Als Frau hat man dann on the top noch das schlechte Gewissen quasi mit der Muttermilch aufgesaugt.
Wen wundert es eigentlich, dass wir immer aggressiver, depressiver, überforderter werden?
Und dann schaue ich auf unsere Hunde.
Sie sollen uns begleiten, am liebsten überallhin. Wenn wir traurig sind, sollen sie uns trösten. Wenn wir arbeiten, die Klappe halten. Wenn wir Lust auf Wandern haben, soll der Hund parat stehen. Beim Friseur im Haarlackrausch unterm Tisch liegen. Bellen geht nicht, das stört. In Kacke wälzen oder Aas fressen, das geht auch nicht!
Im Internet gibt es so tolle Videos, in denen die Hunde immer Fuß nebenherlaufen, das soll meiner auch können, aber Zeit fürs Training hab ich halt keine.
Mein Hund soll im Bett schlafen mit mir, mich vergöttern, aber auch zuverlässig allein bleiben können. Wenn ich Besorgungen mache, soll er ruhig vor dem Laden warten.
Knurren, jagen, ziehen, zappeln - das werden wir ihm schon austreiben.
Wir haben so viele Ansprüche an unsere Hunde, kein Wunder, dass sie immer aggressiver, depressiver, überforderter sind.
Wie schlimm ist es eigentlich, dass ein Hund Sicherheits- und Ruheinseln haben muss, um überhaupt einen Spaziergang durchzuhalten ohne durchzudrehen? Wie schlimm ist es eigentlich, dass wir mit einer Vogelgezwitscher-App im abgedunkelten Zimmer hocken, um nicht durchzudrehen?
Das gute Leben ist einfach. Simpel. Schnörkellos.
Wir haben vieles verlernt im Getöse des Alltags.
Was uns gut tut. Was dem Hund gut tut.
Auf unseren Bauch zu hören. Auf uns zu hören. Stille ertragen. Zufrieden sein mit uns.
Du bist gut genug. Ich bin gut genug. Dein Hund ist gut genug.
Hier und jetzt, an diesem Ort, sind wir alle gut genug.